Vernetzungstreffen für ein gemeinsames Verständnis

Die Hand streicht über das kurzgeschorene Grün, das sich heute den Besuchern der Golfanlage Wörthsee im Landkreis Starnberg Bayern perfekt präsentiert. Dann fragt der Vertreter eines Naturschutzverbandes: „Das ist künstlich, oder?“


Golf Biodivers 

Tatsächlich, wer so ein kurzgeschorenes Golfgrün mit all‘ seiner Ebenmäßigkeit nicht kennt, könnte auf die Idee kommen, es sei aus Plastik. Nein, das sei echt, wird er aufgeklärt, aber so ein Grün sei eben Teil jener ungefähr drei Prozent Fläche einer Golfanlage, die auf einer Golfanlage am intensivsten gepflegt werden. Zehn Minuten später steht der Naturschutzexperte 500 Meter weiter in einer Kräuterwiese. Sie wird extensiv gepflegt, zweimal im Jahr gemäht, das hier ist Natur pur jenseits der Fairways. 
 

Was bedeutet Biodiversität auf Golfplätzen?

Das perfekte Grün und die Kräuterwiese – beides sind Teil einer Golfanlage. Eine Erkenntnis, mit der die Teilnehmer der Vernetzungsveranstaltung im Rahmen des bundesweiten Forschungsprogrammes Golf Biodivers nach gut vier Stunden die Anlage des GC Wörthsee wieder verlassen. Vertreter der Anliegerkommunen Wörthsee und Inning, von Naturschutzverbänden, dem Deutschen Golf Verband, der TU München und von Naturschutzverbänden haben sich an diesem Tag mit Vertretern des GC Wörthsee getroffen, um ein gemeinsames Verständnis davon zu entwickeln, was Biodiversität für und auf Golfplätzen eigentlich bedeutet. „Der Golfclub Wörthsee eignet sich deshalb so gut für eine Vernetzungsveranstaltung, weil man hier bereits demonstrieren kann, wieviel Potential Golfplätze beim Thema Biodiversität haben“, erklärt Jörg Vowinckel-Ewald, Projektmanager Golf Biodivers beim Deutschen Golf Verband. Kurz vor Beginn der Vernetzungsveranstaltung hat das Team des Golfclubs von Dr. Gunther Hardt die Urkunde zur Rezertifizierung in Gold beim Programm Golf & Natur bekommen, am Ende des Tages wird noch das Golf Biodivers-Siegel dazukommen. „2009 haben wir mit alldem begonnen, die erste Blühwiese angelegt“, erinnert sich der ehemalige Head-Greenkeeper Hans Ruhdorfer, der an diesem Tag seine Erfahrungen mit den perfekten Wuchsbedingungen für regionales Saatgut, invasive Arten und anderen Details erläutert.
 

Kommunikation und Marketing

Dieser Einsatz für das Thema Biodiversität muss kommuniziert werden, fand Dr. Gunther Hardt, Leiter des Arbeitskreises Biodiversität beim Deutschen Golf Verband. „Nur so gelingt uns die Integration der Golfanlagen in das Netzwerk von Politik, Naturschutzverbänden und Kommunen.“ 

Das sei ein wichtiger Baustein von Golf Biodivers, konstatierte auch Dr. Sandra Rojas-Botero, Projektmanagerin von Golf Biodivers an der Technischen Universität München. Sie stellte das Forschungsprojekt vor, das 2023 begann und von vier deutschen Universitäten begleitet wird. Ausgehend von der aktuellen Problemlage einer globalen Biodiversitätskrise und einem zunehmenden Artenschwund auch in Bayern zeigte sie, wie zuerst 2023 auf 32 Golfanlagen Aufwertungsprojekte auf definierten Flächen starteten. Hier werden seitdem Waldsäume und Wiesen, Hecken oder Waldbereiche mit standardisierten Verfahren bearbeitet, um Möglichkeiten zur Verbesserung der Lebensräume auszuloten. Regional angepasstes Saatgut wird verwendet. Erste fundierte Daten zu den Ergebnissen erwartet die Wissenschaftlerin Ende des Jahres.

Schon jetzt aber kann sie Tendenzen erklären. „Zum Teil müssen wir von wirklichen Misserfolgen sprechen, wenn die Böden zum Beispiel zu nährstoffreich waren und die Grasdominanz dann bei weitem zu hoch ist“, resümiert sie. Zum Teil sind aber auch erste Erfolge erkennbar, wenn sich Kräuterstreifen entwickeln und Flächen stark abgemagert werden. Aufwertung von Flächen auf Golfanlagen ist eben ein extrem individuelles Projekt, stark abhängig von Bodenverhältnissen, der vorhergehenden Flächennutzung und dem Klima.
 

Engagierte Greenkeeper

Auch die größten Herausforderungen bei der Optimierung von Flächen haben sich aus Rojas-Boteros Sicht inzwischen herauskristallisiert: „Der ästhetische Anspruch an die Grünflächen und die Erwartungshaltung von Verantwortlichen und Golfern kann ein Problem sein.“ Geht es in die praktische Umsetzung der Abmagerung scheitern viele Anlagen aber auch an der schlichten Entsorgung von Mähgut, das nicht auf den Golfflächen liegen bleiben darf. Dafür hat sie das Engagement der Greenkeeper auf den beteiligten Golfanlagen inzwischen kennengelernt. „Die haben wirklich viel mitgemacht, das ist klasse.“

Auch deshalb arbeitet sie gerne mit den Golfanlagen am Thema Biodiversität. Seit kurzem hat die zweite Phase begonnen, bei dem 32 weitere Golfplätze deutschlandweit mit einem etwas kleineren Aufwertungsprogramm ausgerüstet, beraten und beobachtet werden. Wie bei den ersten 32 Golfanlagen sind auch hier die Technische Universität München, die Christian-Albrechts-Universität Kiel, die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und die Westfälische Wilhelms-Universität Münster beteiligt. Der Deutsche Golf Verband ist als Kooperationspartner für die Kommunikationsarbeit des Projektes zuständig, das insgesamt sechs Jahre dauert. Das Projekt GolfBiodivers wird gefördert im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit.


Bericht von Petra Himmel

Dr. GH: Hans Ruhdorfer zeigt den Teilnehmern die aufgewerteten Flächen der Golfanlage | © G.Hardt
Dr. Sandra Rojas Botero von der TUM | © P. Himmel
Kommunikationspartner - Golfclub Wörthsee e.V.